Haushaltsrede 2024
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Ratskolleginnen und Ratskollegen,
liebe Bürgerinnen und Bürger,
Wenn du es eilig hast, geh langsam, wenn du es noch eiliger hast, mach einen Umweg.
Wenn wir auf das Weltgeschehen blicken, können wir nur dankbar sein, dass wir in der glücklichen Lage sind, unser Tempo, unsere Zeit, selber zu bestimmen. Immer noch herrscht Krieg in der Ukraine und die Menschen in Israel, im Gazastreifen, kämpfen ums Überleben. Dagegen erscheinen unsere Herausforderungen geradezu lächerlich, aber auch sie müssen gemeistert werden. Und das möglichst mit dem Blick in die Zukunft, damit wir auch weiterhin selber planen und entscheiden können.
Eine dieser Herausforderungen, geflüchtete Menschen in Halle aufzunehmen, verlangt ein besonderes Tempo. Besonders, weil nur eingeschränkt planbar. Durch eine vorausschauende und chancenergreifende Handlungsweise ist es bisher gelungen `vor der Lage´ zu bleiben.
Mit der Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugenossenschaft geht die Stadt neue Wege und nimmt die Schaffung von Sozialwohnungen selbst in die Hand. Da hier die Zeit drängt, unterstützen wir den Vorschlag der Verwaltung, dieses Modell auch schon auf einen Teil des geplanten Neubaugebietes Masch zu übertragen. Der dringend notwendige Entlastungseffekt im Sozialwohnungsbau soll sowohl Haller Bürgern, aber auch geflüchteten Menschen zugutekommen.
Bei der Verkehrspolitik in unserer Stadt würde man sich von einigen Akteuren sicherlich etwas weniger Tempo wünschen. Dass auf weitergehende Verkehrsversuche im Bereich südwestliche Innenstadt verzichtet und die Stellungnahmen von Feuerwehr und Rettungsdienst bewusst nicht abgewartet wurden, ist ein unvernünftiges und der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger nicht gerecht gewordenes Vorgehen.
Wenn du es noch eiliger hast, mach einen Umweg …..
In der HFA-Sitzung im September diesen Jahres wurde einstimmig beschlossen der Initiative „Lebenswerte Städte und Gemeinden durch angepasste Geschwindigkeit„ beizutreten. Die Initiative bekennt sich zur
Mobilitätswende und fordert den Bund auf, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Kommunen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts anordnen können, wo sie es für notwendig halten. Wir haben schon seinerzeit ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir für Tempo 30 Zonen, in gewissen Quartieren, in Halle sind, aber dabei eine Regelung ohne Rechts- vor Links- favorisieren. Ein bedeutender Punkt ist hierbei, dass es auf verkehrswichtigen Straßen zu keinen weiteren Behinderungen der Rettungskräfte und der Feuerwehr kommen darf. Entgegen anderer Behauptungen ist das auch heute noch unsere Meinung dazu und wird so auch von den meisten Bürgern unserer Stadt gesehen.
Erinnern möchte ich in diesem Zusammenhang auch an einen Beschluss aus dem März dieses Jahres. Hier wurde einer Maßnahmenempfehlung im Feuerwehrbedarfsplan bewusst nicht gefolgt. Es muss da schon die Frage erlaubt sein, was macht das mit unserer Feuerwehr? Ein später im Jahr eingereichter Antrag auf Erweiterung der Aufwandsentschädigungen für die Feuerwehr hat in diesem Zusammenhang schon Verwunderung hinterlassen.
Unabhängig davon begrüßen und unterstützen wir jegliche Aufwertung der Arbeit der Feuerwehrkameradinnen und -kameraden selbstverständlich aus ganzem Herzen. Genauso stehen wir voll und ganz hinter dem von Fachleuten erstellten Feuerwehrbedarfsplan. Unser Dank und unsere Wertschätzung gilt nicht nur unserer freiwilligen Feuerwehr, sondern allen Menschen die im Ehrenamt alles tun, um Halle lebenswert und liebenswert zu gestalten.
Dass das Tempo manchmal gar nicht hoch genug sein kann, zeigt das Thema Krankenhaus. Sehr schnell und zielgerichtet, nach einem Schulterschluss mit allen Fraktionen, führte eine durch uns initiierte Aktion zu der dringend dafür notwendigen öffentlichen Aufmerksamkeit. Die über 700 Personen bei der Demo und die fast 12.000 Unterschriften zeigen deutlich, was möglich ist, wenn alle gemeinsam für eine Sache eintreten. Etwas, das wir uns zukünftig für viele Bereiche auch wünschen würden.
Der notwendige Neubau der Kläranlage verlangt von uns ein besonderes Augenmaß. Auf der einen Seite müssen wir die Kläranlage zeitnah realisieren, auf der anderen Seite darf hier auf gar keinen Fall Tempo vor Genauigkeit gehen. Wir müssen neben den derzeitig dringenden Anforderungen auch einen ggf. später noch notwendig werdenden Ausbau berücksichtigen und diesbezüglich sehr genau abwägen. Unsere Entscheidungen beeinflussen in diesem Punkt direkt, über die Gebühren, den finanziellen Spielraum der Bürgerinnen und Bürger. Während 2019 noch Investitionskosten von rund 22,5 Mio. Euro skizziert wurden, sprechen wir mittlerweile von 64 Mio. Euro. Alleine diese Entwicklung zeigt sehr deutlich, welche Kostenexplosionen Projekte derzeit erfahren. Eine äußerst sorgfältige Planung soll sich daher zunächst auf das Notwendigste beschränken, einen späteren modularen Ausbau jedoch ermöglichen. Wie sagte unser Bürgermeister ganz richtig: Wir brauchen keinen Rolls Royce, ein Mittelklassewagen tut es auch.
Als CDU werden wir auch weiterhin unseren Beitrag dazu leisten, dass Klimaschutzziele nicht nur festgeschrieben, sondern auch erreicht werden können. So schnell, wie möglich, wobei wir wieder beim Tempo sind, streben wir die Klimaneutralität für unsere Stadt an. Der Bedarf an erneuerbarer Energie wird zwangsläufig weiter steigen. Von daher sollten alle sich bei uns ergebenden Möglichkeiten für eine Energieerzeugung sofort aufgegriffen, die Untersuchung der Umsetzbarkeit von Windenergie politisch unterstützt werden.
Manches ist aber auch zeitlos.
Wie schon im letzten Jahr müssen wir aus Kostengründen viel mehr auf unsere Baustandards achten. Im Straßenbau, aber auch im Bereich von Neubauten, gilt es Maß zu halten. Finanzielle Ressourcen müssen noch optimaler eingesetzt werden, damit wir zukunftsfähig gestalten können. Wir führen gerne jede Diskussion über das WIE wir eine Kita und ein Dorfgemeinschaftshaus für Bokel bauen, aber nicht über das OB. Jeder Ortsteil, egal, ob wir selber dort leben oder auch nicht bedarf seiner individuellen Betrachtung und Stärkung.
Wir danken unserem Bürgermeister Herrn Thomas Tappe und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung für die gute Zusammenarbeit und die Aufstellung des Haushaltsplanes. Besonders danken wir unserem Kämmerer Herrn Hüllbrock für den strukturierten Einblick in das Zahlenwerk und den Ausblick in die finanzielle Zukunft der Stadt Halle.
Wir stimmen dem Haushalt 2024 zu!
Im Namen der CDU Fraktion
Sandra Wißmann